Kölner Verkehrs-Betriebe AG Geschäftsbericht 2023
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Risiken- und Chancenbericht

Das im Unternehmen implementierte Risikomanagementsystem sichert mit vierteljährlich stattfindenden Risikoinventuren die permanente Überwachung von Risikofaktoren. Es dient dem frühzeitigen Erkennen sowie der Steuerung von Risiken, die potenziell die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der KVB gefährden, und fördert damit die Nutzung künftiger Handlungsspielräume.

Die konzernweite Unternehmensrevision prüft die Abläufe des Systems sowie dessen Wirksamkeit und Angemessenheit.

Im Rahmen des Risikomanagementprozesses werden alle identifizierten Risiken des operativen und strategischen Geschäftes analysiert und dokumentiert, nach Schadenshöhe und Eintrittswahrscheinlichkeit eingestuft sowie in die Unternehmenssteuerung integriert.

Klassifizierung der Eintrittswahrscheinlichkeiten:

   
Sehr hoch über 50 % bis <100 %
Hoch über 20 % bis 50 %
Mittel über 5 % bis 20 %
Gering bis 5 %

Die Klassifizierung der Schadenshöhen orientiert sich an der Höhe des Jahresergebnisses und erfolgt für die KVB zum Stichtag 31. Dezember 2023 gemäß nachfolgender Tabelle:

   
Existenzgefährdend über 500 Mio. €
Gravierend über 150 Mio. € bis 500 Mio. €
Wesentlich 75 Mio. € bis 150 Mio. €
Moderat 37,5 Mio. € bis unter 75 Mio. €
Niedrig unter 37,5 Mio. €

In den Risikomanagementprozess sind Vorstand, Konzernleitung und Aufsichtsrat durch regelmäßige Berichterstattung eingebunden. Die Meldeschwelle für die regelmäßige Berichterstattung beträgt bei Ergebnisrisiken 5 Mio. € Netto-Schadenswert (bei reinen Cashflow-Risiken 10 Mio. €).

Zusätzlich zur regulären Abfrage erfolgt bei unvorhergesehenen wesentlichen Veränderungen eine Berichterstattung in Form einer Ad-hoc-Meldung.

Marktrisiken

Die langfristigen Folgen des Ukraine-Kriegs sind gegenwärtig nicht abschätzbar. Jedoch zeigen sich bereits – neben der generell hohen Inflation im Euroraum –  Lieferkettenprobleme, die zu einer signifikanten Verteuerung von Rohstoffen und Materialien führen. Die zum Zeitpunkt der Aufstellung des Mittelfristplans für die Jahre 2024 bis 2028 erwarteten Kostensteigerungen wurden im Rahmen des geplanten Unternehmensergebnisses berücksichtigt.

Weitere Einschränkungen in der Energieversorgungssicherheit sowie potenzielle Lieferkettenstörungen und -ausfälle stellen für die KVB grundsätzlich Risiken dar, die aufgrund des Vorliegens komplexer Wechselwirkungen bezüglich der potenziellen Auswirkungen nicht konkret kalkulierbar sind.

So führt die derzeitige politische und wirtschaftliche Entwicklung aktuell zu Lieferkettenverzögerungen bei der Beschaffung von Material, welches für die Instandsetzung und Reparatur von Fahrzeugen benötigt wird. Dies kann zu einem erhöhten Fahrzeugausfall und infolgedessen zu Umlaufausfällen und somit einer Ausdünnung des Fahrplans führen. Die Entwicklungen am Markt werden daher intensiv beobachtet und – sofern nötig – frühzeitig entsprechende Gegensteuerungsmaßnahmen eingeleitet.

Mindererlöse durch die Einführung des Deutschlandtickets

Durch die Einführung des Deutschlandtickets im Mai 2023 ergibt sich grundsätzlich für die KVB ein Erlösminderungsrisiko, welches insbesondere durch Kundenwanderungen aus bestehenden Tarifen hin zum Deutschlandticket entsteht, die nur teilweise durch einen erwarteten Anstieg der Zahl von Neukunden kompensiert werden können. Gemäß veröffentlichter NRW-Förderrichtlinien sind nicht gedeckte Ausgaben im öffentlichen Personennahverkehr, die im Zusammenhang mit dem Deutschlandticket entstehen, von Bund und Ländern auszugleichen. In der Wirtschaftsplanung im September 2023 wurde davon ausgegangen, dass die bereitgestellten Fördermittel nicht ausreichen, um die Mindererlöse des Deutschlandtickets in den Jahren ab 2024 vollumfänglich zu kompensieren. Nach der Beschlussfassung der Ministerpräsidentenkonferenz im November 2023 besteht nun für das Jahr 2024 die Möglichkeit, dass nicht ausgeschöpfte Fördermittel aus dem Jahr 2023 in das Jahr 2024 übertragen werden. Daraus resultiert die Chance, dass die Planprämissen 2024 übertroffen werden. Für das Jahr 2025 wird weiterhin erwartet, dass die Fördergelder nicht ausreichen werden, für das Jahr 2026 sind die Rahmenbedingungen beim Deutschlandticket noch ungewiss. Demnach bleibt das Risiko möglicher Mindererlöse durch die Einführung des Deutschlandtickets für die Jahre ab 2025 weiterhin bestehen.

Stromkostenrisiko

Bis Ende des Jahres 2023 bestanden Stromlieferverträge mit festen Bezugskonditionen. Ab 2024 gilt ein neuer Stromliefervertrag, der an aktuelle Stromhandelspreise gekoppelt ist. Für das Jahr 2024 wurden bereits alle geplanten Tranchen gekauft, um den erwarteten Strombedarf zu decken. Für die Jahre ab 2025 drohen daraus weiterhin ungeplante Ergebnisbelastungen. Aktuell liegen die Strompreise unterhalb der angesetzten Planungsprämissen, jedoch ist der Einfluss der erwarteten Erhöhung der Netzentgelte auf die Entwicklung der Stromkosten derzeit nicht abschätzbar.

Rahmenbedingungen und rechtliche Risiken

Ausbleibende Betriebskostenzuschüsse

Zwecks Stabilisierung des ÖPNV wurde seitens der Landesregierung des Landes NRW im Dezember 2022 ein Programm zur Krisenbewältigung, insbesondere zur Kompensation der Energiekostensteigerungen, aufgelegt. Weiterhin beabsichtigt das Land, zusätzliche Regionalisierungsmittel für die Absicherung des bestehenden ÖPNV-Angebots einzusetzen. Hieraus erwartet die KVB finanzielle Ergebnisentlastungen, deren Umfang aktuell noch unbekannt ist.

Betriebsrisiken

Risiken bei der Fahrzeugneubeschaffung und -instandsetzung

Die Fahrzeuge und technischen Anlagen setzt die KVB mit einem hohen Grad an Zuverlässigkeit und Sicherheit sowie unter Berücksichtigung gegebener Umweltstandards ein. Technischen Ausfallrisiken sowie umweltbezogenen Risiken begegnet das Unternehmen mit einer permanenten Verbesserung des technischen Standards.

So wird derzeit eine Vielzahl von Straßenbahnen neu beschafft. Die Beschaffungspläne und -zeiträume unterliegen verschiedenen Risiken, die zu Verzögerungen der Lieferungen und damit zu Mehrkosten in Form von zusätzlicher Instandhaltung bei Altfahrzeugen führen können. Der Busbereich steht aktuell vor der Herausforderung der Umsetzung einer vollständigen Dekarbonisierung der Fahrzeugflotte bis zum Jahr 2030. Daraus resultieren umfangreiche Beschaffungsmaßnahmen, um den bestehenden Fuhrpark durch Neufahrzeuge zu ersetzen. Auch hier kann es grundsätzlich zu Lieferkettenverzögerungen kommen.

Jahrhunderthochwasser

Von einem möglichen Jahrhunderthochwasser wäre der Linienbetrieb in großen Teilen Kölns betroffen. Eine mögliche Folge wäre – neben der Beeinträchtigung des Stadtbahn- und Seilbahn-Betriebs – die Beschädigung der Betriebstechnik vor allem in der U-Bahn. Aufgrund der Vielzahl der durch die KVB eingeleiteten sowie etablierten Gegensteuerungsmechanismen wird das Gefährdungspotenzial dieses Risikos jedoch als gering eingeschätzt.

Finanzrisiken

Refinanzierungsrisiken

Vor dem Hintergrund des Organschaftsvertrags mit dem Stadtwerke Köln Konzern bestehen Refinanzierungsrisiken dahingehend, dass die tatsächlichen Zinssätze für die Konzernfinanzierung und die langfristige Finanzierung durch Bankdarlehen insbesondere bei Darlehensverlängerungen von den Annahmen der aktuell gültigen Wirtschaftsplanung 2024 bis 2028 abweichen. Aktuell liegt der Zinssatz für langfristige Darlehen unterhalb der angesetzten Planungsprämissen. Auch die Prognose für das kommende Jahr deutet auf sich seitlich bewegende oder leicht sinkende Zinsen hin, so dass für die KVB aktuell kein Refinanzierungsrisiko besteht.

Finanzielle Risiken des operativen Geschäftes

Grundsätzlich sind durch den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit dem Stadtwerke Köln Konzern finanzielle Risiken des operativen Geschäfts für die KVB weitgehend ausgeschlossen. Darüber hinaus sind für Risiken des operativen Geschäfts adäquate Versicherungslösungen abgeschlossen worden beziehungsweise im Bedarfsfall vorgesehen, um finanzielle Konsequenzen auf ein tragbares Maß zu reduzieren.

Hinsichtlich der finanziellen Risiken des strategischen Geschäfts, die mit der Änderung gesetzlicher, vertraglicher sowie gesellschaftsstruktureller Rahmenbedingungen verbunden sind, werden frühzeitig geeignete Strategien entwickelt und entsprechende Maßnahmen abgeleitet sowie umgesetzt.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind keine Risiken bekannt, die den Fortbestand der KVB gefährden. Gegen alle heute bereits erkennbaren Risiken des operativen und strategischen Geschäfts wurden entsprechende Maßnahmen eingeleitet.

Im Hinblick auf die Erreichung kommunal gesetzter Wachstums- und Klimaschutzziele wird sich in Zukunft die Bedeutung des ÖPNV für die Umwelt- und Stadtentwicklung erhöhen. Damit werden die Ansprüche und Anforderungen an die KVB bezüglich Angebotsverbesserungen und Kundenservice steigen. Gleichzeitig besteht die Chance, auf Basis eines verstärkten öffentlichen Interesses an verbesserten ordnungspolitischen Rahmenbedingungen zusammen mit der Ausweitung des Angebotes, wesentliche Fahrgastzuwächse zu generieren.

Die KVB setzt darauf, langfristig gegebenes Wachstumspotenzial auf der Einnahmenseite auszuschöpfen und die Kostenseite weiter zu optimieren. So verbessert sie kontinuierlich ihre Wirtschaftlichkeit und gewährleistet weiterhin Mobilität auf hohem Niveau.